26.10.2022
„Es ist mega-spannend in der Werkstatt.“
Interview mit Werkstattleiter Jörg Tappe und der KFZ-Mechatronik-Auszubildenden Tanja Otto vom Unternehmen Procar Automobile Münsterland, Standort Lüdinghausen
Team Fachkräfte-Initiative der HWK Münster (hier stellvertretend Gisela Goos): Herr Tappe, Ihre Auszubildende Tanja Otto ist derzeit im zweiten Lehrjahr zur KFZ-Mechatronikerin. Wie gestaltet sich die Ausbildung einer Frau in Ihrem wahrscheinlich überwiegend männlichen Werkstattteam?
Jörg Tappe (oben im Bild zusammen mit der Auszubildenden Tanja Otto): Ich mache bei der Auswahl der Auszubildenden keine Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Wesentlich für das Ausbildungsangebot ist für mich der Wille der Bewerbenden, sich genau in diesem Beruf ausbilden lassen zu wollen. Tanja Otto hatte sich zwar zunächst für den Beruf der Automobilkauffrau interessiert, doch im Praktikum machten ihr die technischen Aufgaben mehr Spaß. Tatsächlich ist sie derzeit die einzige Frau in unserer Werkstatt hier in Lüdinghausen. Wir haben 20 weitere Standorte in NRW.
Fachkräfte-Initiative: Wie viele Mitarbeitende hat das Unternehmen insgesamt?
Tappe: Insgesamt sind es 1200 Beschäftigte, davon 240 Auszubildende. Wir haben eine zentrale Verwaltung in Velbert. Dort werden unsere Schulungen durchgeführt.
Fachkräfte-Initiative: Und nun zu Ihrem Team in Lüdinghausen: Wie klappt die Zusammenarbeit der Werkstattmitarbeiter mit Tanja Otto? Eine einzelne Frau in einer Gruppe mit lauter Männern, das ist doch bestimmt nicht einfach?
Tappe: Tanja Otto ging bereits während ihres Praktikums ausgesprochen ‚forsch‘ an die technischen Aufgaben heran und wurde von ihren männlichen Kollegen gleich zu Anfang voll akzeptiert. Es gibt also überhaupt kein Problem. Auch beim Heben schwerer Lasten beobachte ich kaum Unterschiede zwischen ihr und ihren männlichen Kollegen.
Fachkräfte-Initiative: Frau Otto, muß eine Frau im KFZ-Bereich nicht besonders viel von ihren männlichen Kollegen ‚einstecken‘ können?
Tanja Otto: Ich lasse mir von meinen männlichen Kollegen nichts gefallen. Im Zweifelsfall habe ich für jeden ‚coolen Spruch‘ eine passende Antwort parat. Tatsächlich habe ich im letzten Jahr meine Schlagfertigkeit noch weiter ausbauen können.
Fachkräfte-Initiative: Frau Otto, Sie haben gute Noten in der Berufsschule und besitzen die Fachhochschulreife. Gibt es da nicht den Gedanken, mehr als den Abschluss einer Gesellin erreichen zu wollen?
Otto: Für mich ist es klasse, in diesem Betrieb so viel lernen zu können und zusätzlich gefördert zu werden. Seit kurzem werde ich von meinem Ausbildungsbetrieb von Zeit zu Zeit dafür freigestellt, um als so genannte ‚Ausbildungsbotschafterin‘ in Schulklassen zu gehen. In dieser Rolle begeistere ich Schülerinnen und Schüler fürs Handwerk, für meinen Beruf und natürlich für meinen Ausbildungsbetrieb. Das ist schon eine ehrenvolle Aufgabe für mich.
Fachkräfte-Initiative: Herr Tappe, was tun Sie darüber hinaus für leistungsstarke Auszubildende wie Tanja Otto?
Tappe: Wir wissen, wie wichtig es für die langfristige Bindung der besonders guten Auszubildenden ist, mehr als eine reguläre Ausbildung geboten zu bekommen. Tanja Otto durchläuft bei uns die Zusatzqualifikation im Bereich System- und Hochvolttechnik. Mit diesem Wissen ist sie für den sich ausweitenden Markt der Elektromobilität bestens vorbereitet. Außerdem bieten wir ihr und unseren anderen Auszubildenden in der zweiten Ausbildungshälfte an, für mindestens drei Wochen in einem KFZ-Unternehmen im Ausland zu arbeiten. Damit erreichen wir bei unseren Nachwuchskräften meistens einen enormen persönlichen Entwicklungsschub für die zukünftige Übernahme verantwortungsvoller Aufgaben.
Fachkräfte-Initiative: An welche verantwortlichen Positionen denken Sie dabei konkret?
Tappe: Sollte Tanja Otto nach ihrem Abschluss als Gesellin die Qualifikation zur Meisterin anstreben, wird sie für den Schulbesuch von uns freigestellt. Zudem beteiligt sich Procar Automobile an den Kosten der Weiterbildung. Danach kann das Unternehmen diesen Absolvent:innen an einem der vielen Standorte in NRW in aller Regel eine passende Stelle für eine solche Meisterqualifikation anbieten.
Fachkräfte-Initiative: Das sind attraktive Karriereperspektiven. Ich wünsche Ihnen, Frau Otto, jedoch zunächst weiterhin viel Spaß in Ihrer Ausbildung. Und Ihnen, Herr Tappe, wünsche ich viel Erfolg bei der Suche und Ausbildung Ihrer Nachwuchskräfte.
Tappe und Otto: Vielen Dank für die guten Wünsche.
www.procar-automobile.de/standort/luedinghausen
Bildunterschrift:
Werkstattleiter Jörg Tappe zusammen mit der KFZ-Mechatronik-Auszubildenden Tanja Otto vom Unternehmen Procar Automobile Münsterland in Lüdinghausen.