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Konjunkturberichte

Zahlen, Trends und Entwicklungen im regionalen Handwerk auf einen Blick

Konjunkturbericht Herbst 2024

Konjunktur im Handwerk schwingt ab

Die Lage im Kammerbezirk Münster ist angespannt. Obwohl das Handwerk eine Zurückhaltung seiner Kunden bei der Auftragsvergabe spürt, machte es tendenziell gute Geschäfte. Jedoch verstetigt sich die Befürchtung, in die Schwäche der Gesamtwirtschaft hineingezogen zu werden. Damit hält der konjunkturelle Abschwung an. Sorgen bereiten vor allem die daraus folgenden Beschäftigungsverluste und die Investitionsschwäche. Das sind die Ergebnisse der aktuellen Umfrage, an der sich 633 Betriebe beteiligt haben.

Die Geschäfte laufen flauer als im Vorjahr. Gegenwärtig finden 44 Prozent der befragten Unternehmen ihre Lage „befriedigend“. 38 Prozent bewerten sie mit „gut“. 18 Prozent beurteilen sie als „schlecht“. Der Saldo aus guten und schlechten Bewertungen erreicht immerhin ein Plus von 20 Prozentpunkten. Im Vorjahr war die Lage aber noch deutlich positiver. Und: Es ist elf Jahre her, als zuletzt der Anteil der Betriebe, die ihre Herbst-Geschäftslage „befriedigend“ finden, größer war als der Anteil mit „guter“ Geschäftslage.

Bei den Erwartungen für das nächste Halbjahr zeichnet sich erneut eine ungute Entwicklung ab. Mehrheitlich (zu 56 Prozent) sagen die Befragten eine gleichbleibende Geschäftslage über den Winter vorher. 14 Prozent erwarten eine Verbesserung ihrer Geschäfte und 30 Prozent befürchten eine Verschlechterung. Der Saldo bleibt damit negativ, wenngleich etwas weniger negativ als vor einem Jahr. 

Der Geschäftslageindikator, der die aktuelle Lage und die Prognose bis zum Frühjahr für das ganze heimische Handwerk zusammenfasst, erreicht 100,4 Punkte. Das signalisiert eine konstante Konjunktureinschätzung seit dem Frühjahr. Im Jahresvergleich hat sich der Indikator von 95,7 um 4,7 Punkte verbessert. Das liegt vor allem am etwas größeren Anteil aktuell zuversichtlicher Betriebe.

Die Kapazitäten sind zu 78,9 Prozent ausgelastet, und zwar 1,9 Prozentpunkte weniger als vor einem Jahr. Die durchschnittliche Herbst-Kapazitätsauslastung seit der Finanzkrise in 2008 beträgt 79,9 Prozent. Von diesem Mittel ergibt sich in diesem Jahr also eine Abweichung nach unten.

Im Münsterland hellte sich das Geschäftsklima im Jahresvergleich auf. Der Indikator stieg von 98 auf 103,6 Punkte. In der Emscher-Lippe-Region blieb das Klima dagegen trübe: Der Indikator schlich während eines Jahres von 88,3 minimal voran auf 88,6 Punkte. Die Abweichungen zwischen beiden Teilgebieten des Kammerbezirks betreffen die Lage und die Prognose. Im nördlichen Ruhrgebiet ist der Zukunftspessimismus ausgeprägter als im Münsterland. Die Kapazitäten sind im Münsterland zu 79,5 Prozent ausgelastet. Das bedeutet gegenüber dem Vorjahr minus 2 Prozentpunkte. In der Emscher-Lippe-Region mit 76,4 Prozent liegt das Auslastungsminus bei 2,3 Prozentpunkten.

Im gesamten Kammerbezirk betragen die Auftragsreichweiten über alle Gewerke hinweg 8,4 Wochen. Vor einem Jahr dauerte es noch zehn Wochen, bis Kundenaufträge bearbeitet werden konnten. Das geht jetzt schneller.

Die Kapazitätsauslastung tritt im Jahresvergleich fast auf der Stelle. Sie erreicht 79,4 Prozent und liegt damit 0,2 Prozentpunkte unter dem Vorjahreswert. Dieser Auslastungsgrad entspricht exakt dem saisonalen Durchschnitt seit 2014.
 
Die Auftragsreichweiten betragen 9,9 Wochen und sind damit über alle Branchen hinweg im Jahresvergleich annähernd unverändert. Auffallend ist, dass die Kunden von Betrieben des Bauhauptgewerbes 1,7 Wochen weniger warten müssen, bis ihre Aufträge abgearbeitet sind. Am anderen Ende der Skala befinden sich die Anbieter für den gewerblichen Bedarf. Bei ihnen legten die Auftragsreichweiten um 2 Wochen zu.

Die Auftragsverluste verderben den Betrieben die Laune am meisten. Der größte Anteil – 40 Prozent – verzeichnet einen „gesunkenen“ Auftragsbestand. Über „gestiegene“ Auftragsbestände kann sich nur jeder Fünfte freuen. Die Betriebe stellen sich auf das weitere Schwinden der Aufträge im nächsten halben Jahr ein.

Auch die Umsätze reduzieren sich weiter. Der Anteil der Betriebe mit „gesunkenen“ Umsätzen überwiegt den mit „gestiegenen“ Umsätzen um 15 Prozentpunkte. Die Betriebe gehen von weiteren Minderungen aus.

Die Dynamik der Preissteigerungen hat nachgelassen. Erstmals seit dem ersten Coronaherbst 2020 bilden die Betriebe, die ihre Verkaufspreise stabil halten konnten, die größte Gruppe. Sie umfasst knapp die Hälfte aller Befragten. 14 Prozent senkten ihre Verkaufspreise. 38 Prozent mussten sie im Zuge inflationsbedingter Kostensteigerungen anheben.

Das Handwerk muss einen weiteren Beschäftigungsrückgang verschmerzen. Jeder Vierte hat weniger Personal als im Frühjahr. Mehr Personal als vor einem halben Jahr zählen nur 16 Prozent. Die Betriebe erwarten weitere Abgänge. Dabei spielen verschiedene Faktoren eine Rolle: der Auftragsrückgang, weniger Berufsnachwuchs, aber auch das beginnende Ausscheiden der zahlenstarken Boomer aus dem Arbeitsleben. 45 Prozent der Betriebe haben derzeit offene Stellen. 

Anlass zu gravierender Sorge gibt die nochmals geschwächte Investitionstätigkeit. Jeder Dritte hat weniger als vor einem halben Jahr investiert, nur jeder Fünfte mehr. 45 Prozent tätigten in diesem Zeitraum unvermindert Investitionen. Die Investitionszurückhaltung ist ein Konjunkturrisiko.

So unterschiedlich die Gewerkegruppen, so unterschiedlich ist auch ihre Konjunktur.

Gewinner in der Kategorie Geschäftsklima ist das Gesundheitsgewerbe. Sein Indikator erklomm 125,4 Punkte. Das bedeutet ein Plus von 19,3 Punkten gegenüber dem Vorherbst. Die Kapazitätsauslastung stieg übers Jahr um 1,3 Prozentpunkte auf 74 Prozent. Bei verbessertem Auftragsbestand verbucht die Gruppe von allen die schönste Umsatzentwicklung. Über die Hälfte hat mehr Personal eingestellt. Wiederum eine Hälfte hat stärker als zuvor investiert. Hier herrscht Hochkonjunktur.

Das Ausbaugewerbe sieht sich von einem immer noch hohen Niveau ausgehend im Abschwung. Der Geschäftslageindikator kommt auf 102,8 Punkte. Er stieg seit dem vorherigen Herbst um 5,8 Punkte. Die Kapazitäten sind zu 83,7 Prozent ausgelastet, was 2,2 Prozent weniger als vor einem Jahr ist.  Die Betriebe bewerten ihre aktuelle Geschäftslage trotz negativer Umsatz- und Auftragsentwicklung am besten von allen Gruppen. Sie gehen aber von einem Einbruch über den Winter aus, was sich negativ bei der Beschäftigung bemerkbar machen dürfte. Die Investitionsneigung ist ausgeprägt gering.

Der Motor im Kraftfahrzeuggewerbe kommt ins Stottern. Die Konjunktur ist durch einen Abschwung charakterisiert. Der Geschäftsklimaindikator erreicht 102,0 Punkte, ist damit also gerade noch positiv. Allerdings hat sich das Klima innerhalb eines Jahres um 5,6 Punkte verschlechtert. Die Kapazitätsauslastung stieg im Vergleich zum Vorjahr um 2,2 Prozentpunkte auf 77,4 Prozent. Grund dürfte die beste Auftragslage aller Branchen sein. Die Umsätze und die Beschäftigung nahmen zu. Über den Winter wird es voraussichtlich eine Verschlechterung der Geschäfte geben, die den Beschäftigungsstand aber wohl nicht beeinträchtigt. Allerdings schwindet in nächster Zeit die noch relativ hohe Investitionsbereitschaft.

Stagnation bestimmt das Geschäftsklima bei den personenbezogenen Dienstleistern. Dieses ist mit 99,3 Prozentpunkten 3,8 Punkte weniger schlecht als vor einem Jahr. Die aktuelle Geschäftslage ist so gerade noch leicht im Plus. Die für die kommenden Monate erwartete leichte Verschlechterung dominiert aber die Stimmung. Der Auftrags-, Beschäftigungs- und Investitionsrückgang in der Branche hat sich etwas abgeschwächt, endet aber noch nicht. Die Kapazitäten sind zu 67 Prozent ausgelastet – 1,6 Prozentpunkte weniger als vor einem Jahr.

Die Nahrungsmittelgewerbe wirtschaften in einem nahezu unverändert negativen Geschäftsklima, sehen aber einen Aufschwung auf sich zukommen. Der Indikator landet mit 96,2 Punkte nur 0,8 Punkte über dem Vorjahr. Die Branche verzeichnet die schwierigste Geschäftslage und den größten Beschäftigungsverlust aller Gruppen. Die Auftragsbestände haben sich deutlich verringert. Das schlägt sich bei den Umsätzen nieder. Die Kapazitäten sind zu 73,3 Prozent ausgelastet, 2 Prozent weniger als vor einem Jahr. Bemerkenswerterweise ist hier die Prognose am besten. 46 Prozent meinen, die Geschäfte bessern sich mit dem Weihnachtsgeschäft über den Winter.

Im Bauhauptgewerbe herrscht ein Geschäftsklima von 89,9 Punkten. Das entspricht zwar einer Besserung gegenüber dem Vorjahr um 10,6 Punkte, bleibt aber deutlich im Abschwung. Grund sind die besonders schlechten Erwartungen. Die Kapazitäten sind zu 79,5 Prozent ausgelastet, was 4,3 Prozentpunkte weniger als im Vorjahr ist. Der Auslastungsverlust ist hier am größten. Erwartet wird ein erneuter Auftragseinbruch über den Winter, der den größten Personalabbau von allen Gruppen nach sich ziehen dürfte. Die Gewerkegruppe ist von allen am pessimistischsten. Die Investitionstätigkeit ist am schwächsten und wird voraussichtlich auch am steilsten weiter sinken.

Die Handwerke für den gewerblichen Bedarf müssen von allen das schlechteste Geschäftsklima verkraften. Sie befinden sich im Abschwung an der Grenze zur Rezession. Der Indikator sank um 8 auf 89,6 Punkte. Die Kapazitätsauslastung verringerte sich im Jahresvergleich um 3,3 Prozentpunkte auf 77,2 Prozent. Bei der aktuellen Geschäftslage überwiegen dank alter Aufträge noch die Positiv-Bewertungen. Der Auftragsbestand ist aber schon am stärksten von allen Gruppen gefallen. Gleiches gilt für den Umsatz. Das erklärt, warum die besonders von internationaler Nachfrage abhängige Branche ein dickes Geschäfts- und Investitionsminus prognostiziert. Auch die Beschäftigung wird wohl weiter sinken.

Der Wettbewerb für die Exportbetriebe im Handwerk wird härter: In der Umfrage melden 4 Prozent aller Befragten Auslandsaktivitäten. In den vergangenen sechs Monaten verschlechterten sich ihre internationalen Geschäfte. Die Betriebe erwarten eine abflachende Abwärtsbewegung in den kommenden Monaten.

 

Teilnehmer 

633 Betriebe aus 40 Gewerken im Kammerbezirk Münster haben an der Konjunkturumfrage teilgenommen.

Umfragezeitraum: 15.-30. September 2024

  • Bauhauptgewerbe (95): Maurer und Betonbauer, Zimmerer, Dachdecker, Straßenbauer, Gerüstbauer
  • Ausbaugewerbe (275): Stuckateure, Maler und Lackierer, Installateur und Heizungsbauer, Elektrotechniker, Tischler, Raumausstatter, Glaser, Fliesen-, Platten- und Mosaikleger, Rollladen- und Sonnenschutztechniker
  • Handwerke für den gewerblichen Bedarf (81): Feinwerkmechaniker, Elektromaschinenbauer, Land- und Baumaschinenmechatroniker, Kälteanlagenbauer, Metallbauer, Gebäudereiniger, Informationstechniker, Schilder- und Lichtreklamehersteller, Modellbauer
  • Kfz-Gewerbe (41): Karosserie- und Fahrzeugbauer, Kfz-Techniker
  • Nahrungsmittelgewerbe (23): Bäcker, Konditoren, Fleischer
  • Gesundheitsgewerbe (35): Augenoptiker, Zahntechniker, Hörakustiker, Orthopädieschuhmacher, Orthopädietechniker
  • Personenbezogene Dienstleistungsgewerbe (83): Friseure, Schuhmacher, Uhrmacher, Damen- und Herrenschneider, Fotografen, Textilreiniger, Kosmetiker