22.06.2022
Geflüchtete für das Handwerk gewinnen
Interview mit Michael Völker, Willkommenslotse bei der Handwerkskammer Münster zur Integration von Geflüchteten im Handwerk mit einem Beispiel guter Praxis
Fachkräfte-Initiative: Herr Völker, als Willkommenslotse bringen Sie Geflüchtete mit Betrieben zusammen, um sie in eine Ausbildung oder in eine Arbeit im Handwerk zu integrieren. Welche Erfahrungen sammeln sie dabei?
Michael Völker: Ich blicke auf eine mehrjährige Erfahrung im Projekt „Willkomenslotse“ zurück. Seit der Flüchtlingswelle in 2015 gibt es großen Bedarf für die Arbeitsintegration der Geflüchteten. Im Handwerk gibt es inzwischen viele Erfolgsbeispiele vor allem von jungen Männern, die ihre Ausbildung erfolgreich abgeschlossen haben und nun als Geselle in dem Ausbildungsbetrieb tätig sind.
Fachkräfte-Initiative: Profitiert das Handwerk tatsächlich von den Geflüchteten in großer Zahl oder sind das nicht viel eher Einzelfälle?
Völker: Die Zahl der im Handwerk integrierten Geflüchteten ist beachtlich, aber nicht immer gelingt es den Betrieben, Geflüchtete als Fachkraft einzusetzen, denn die sprachlichen Hürden sind gerade bei einer Ausbildung und dem damit verbundenen regulären Berufsschulbesuch hoch.
Fachkräfte-Initiative: Wie schaffen es Handwerksbetriebe trotzdem einen Geflüchteten zu einer bewährten Fachkraft zu entwickeln?
Völker: Oft mit Hilfe des Förderinstruments der Einstiegsqualifizierung der Agentur für Arbeit. Es dient der Berufsvorbereitung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Diese Förderung greift bei Ausbildungsinteressierten unter 25 Jahren, die bei der Arbeitsagentur gemeldet sind und nicht unmittelbar einen Ausbildungsplatz finden. Sie werden bis zu einem Jahr finanziell gefördert. In dieser Zeit arbeiten sie im Betrieb – absolvieren also eine Art Praktikum. Sie können aber währenddessen auch zur Berufsschule gehen.
Fachkräfte-Initiative: Beschreiben Sie uns ein erfolgreiches Beispiel von einem Geflüchteten, der dieser Förderung in Anspruch genommen hat, Herr Völker.
Völker: Da gibt es zum Beispiel das Unternehmen Elektro Binkowski aus Recklinghausen. Dorthin vermittelte ich vor vier Jahren den damals 22-jährigen Syrer Ammar Tabateb Tasoun für eine Ausbildung zum Elektroniker. Sein Start dort erfolgte über die Einstiegsqualifizierung. In die Berufsschule ging Ammar Tabeteb Tasoun genauso wie andere Auszubildende auch. Der Schulbesuch fiel ihm jedoch im ersten halben Jahr recht schwer. Mit Hilfe eines pensionierten Berufsschulfachlehrers und der Unterstützung seiner Kolleginnen und Kollegen schaffte er den Übergang in das zweite Ausbildungsjahr dann aber trotzdem. Im letzten Jahr beendete dieser junge Mann seine Ausbildung im Unternehmen Binkowski nach der in diesem Beruf üblichen dreieihalbjährigen Lehrzeit und arbeitet dort seither als Geselle. Er ist inzwischen eingebürgert und sein Chef Thomas Binkowski stellt ihm jüngst eine Anstellung bis zur Rente in Aussicht.
Fachkräfte-Initiative: Das Beispiel überzeugt. Herr Völker, wir wünschen Ihnen weiterhin so viel Erfolg bei Ihrer Beratung.
Völker: Vielen Dank.
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